Social Media für Vereine: Interview Thomas Fuchs

Cartoon: zwei Männer sitzen auf Stühlen und unterhalten sich
Ein Interview mit Social-Media-Manager Thomas Fuchs

Sind soziale Netzwerke für Sportvereine heutzutage ein Muss? Wie können Vereine mit geringen Ressourcen erfolgreich Social Media betreiben? In diesem Interview sprechen wir mit Social-Media-Manager Thomas „Thommy“ Fuchs über Tipps, Tools und Möglichkeiten, die Vereine für das Betreiben eigener Online-Kanäle nutzen können.

Vom Sportjournalisten zum Experten für soziale Netzwerke: Das ist Social-Media-Manager Thommy Fuchs

Thommy hat an der Sporthochschule in Köln Sportjournalismus studiert und schon während der Studienzeit im Badminton-Verein sich um die Präsenz in den sozialen Netzwerken gekümmert. Über Social-Media-Produktmarketing eines Startups in Köln, ging es für Thommy später zum Europäischen Badmintonverband in Kopenhagen, wo der studierte Sportjournalist als Communication Manager unterwegs war und die Social-Media-Plattformen betreut hat. Aktuell ist Thommy Pressesprecher für den Deutschen Badmintonverband und Content Creator für die Kanäle eines japanischen Sportartikelherstellers im Bereich Badminton und Tennis. Thommy kennt das Vereins- und Verbandsleben aus dem Effeff und weiß, wie differenziert sich der Alltag in Sportorganisationen darstellt. In diesem Artikel sprechen wir darüber, wie Sportvereine soziale Netzwerke erfolgreich bespielen können.

Spized: Wenn man durch die Vereinswelt schaut, sind immer wieder einzelne Sportmannschaften zu sehen, die Social Media erfolgreich betreiben. Ein vom Verein zentralisiertes Social-Media-Management ist aber sehr selten zu sehen. Was ist für einen Verein wichtig, um beim Thema Social Media Fuß zu fassen?

Thomas: Das meiste, was zu sehen ist, dass eine Mannschaft im Verein irgendwas macht. Das ist auch erstmal einfacher, denn das kann wirklich eine Person steuern, die auch vor Ort präsent ist und die Leute kennt. Social Media als Gesamtverein braucht viel mehr Leute. Meistens kriegt es irgendwer im Verein zugeschoben, aber du brauchst zwei bis drei Leute, die da wirklich Bock draufhaben und konstant Zeit investieren. Und Konstanz ist auch das Wichtigste für den Anfang. Lieber etwas weniger Posts und dafür aber regelmäßig, statt vier Wochen Vollgas und dann drei Wochen Stillstand.

Spized: Wie würdest du das Social-Media-Management für einen Sportverein organisieren, wenn wir von einem mittelgroßen Verein ausgehen?

Thomas: Ich denke, dass zuerst die Zielsetzung definiert werden sollte. Was wollen wir damit erreichen und welchen Content-Fokus wollen wir setzen? Geht es um Mitgliedergewinnung? Um Aufmerksamkeit oder Bekanntheit? Soll die erste Mannschaft durch Berichterstattung mehr Präsenz bekommen? Möchte ich Sponsoren erreichen? Oder wollen wir die Kids motivieren dranzubleiben und in die erste Mannschaft zu kommen? Das sollte alles vorher klar sein.


TikTok, Instagram & Co: Was sind die richtigen Social-Media-Plattformen für Vereine

Spized: Von den Zielen bzw. der Zielgruppe ist wahrscheinlich auch die Wahl der Social-Media-Plattform abhängig, oder?

Thomas: Richtig. Ich persönlich denke, es ist besser zwei Plattformen richtig zu bedienen als fünf bis sechs, die dann nur halbherzig angegangen werden. Viele Vereine wollen beispielsweise Instagram und Facebook machen und dann aber TikTok, weil dort ja die ganzen Kids sind und LinkedIn, weil dort Sponsoren angesprochen werden können. Dann sind YouTube und die eigene Webseite auch noch wichtig. Aber wer ein Team von zwei bis drei ehrenamtlichen Leuten hat, sollte sich maximal auf zwei bis drei Plattformen fokussieren.  

Spized: Und auf welche Plattformen würdest du dich fokussieren?

Thomas: Davon ausgehend, dass es eine aktuelle Webseite gibt, auf Instagram und TikTok.

Spized: Und warum?

Thomas: Instagram ist nicht mehr die klassische Fotoplattform von früher. Dort läuft mittlerweile auch sehr viel Video-Content. TikTok hingegen liegt gerade bei jungen Leuten voll im Trend. Man kann mit Fotos und Videos eigentlich beide Plattformen gut parallel bespielen und hat eine solide Schnittmenge. Es ist klar definiert, welche Leute sich auf den Plattformen herumtreiben. Wenn das Ziel die Mitgliedergewinnung ist, würde ich mich für die beiden Netzwerke entscheiden.


Content für Sportvereine: Konstanz ist das A und O

Spized: Manche Vereine haken das Thema Social-Media-Content mit Spielberichten und einigen Mannschaftsfotos ab. Was können Vereine alles an Content auf die Plattformen bringen?

Thomas: Da geht es in erster Linie um Consistency, sprich Beständigkeit. Und da helfen Dinge wie Spieltagsankündigungen oder Matchday-Highlights. Diese dienen dann als Anker und werden regelmäßig und planbar gespielt. Außenherum kann man dann mit kreativen Ideen, lustigen Formaten oder aktuellen Infos auffüllen. Diese gelegentlichen kreativen Assets um den Basisplan herum sind dann oft die Dinge, die herausstechen und für Aufmerksamkeit sorgen. Es ist quasi ein Mix aus Konstanz und Kreativität.

Spized: Das reicht, um den Kanal wachsen zu lassen?

Thomas: Wenn der Kanal wachsen soll, ist regelmäßiges Posten umso wichtiger. Dann spielen aber auch Algorithmusthemen eine Rolle. Es sollte primär darum gehen, Sichtbarkeit zu haben und langfristig etwas aufzubauen. Lieber zwei bis drei Mal die Woche posten und dafür nachhaltig sein. Dann wächst es langsam, aber dafür stetig.

Spized: Spieltagsankündigungen oder Match-Highlights lassen sich für mittelgroße Vereine nur sehr schwer für alle Mannschaften darstellen. Wie bekommt ein Verein auch andere Mannschaften in Szene gesetzt?

Thomas: Wenn Vereine von reinen Ergebnismeldungen weggehen, entsteht ein Content-Überschuss, der eine Chance für andere Mannschaften des Vereins ist. Man kann bei der ersten Mannschaft den Fokus auf das Sportliche legen und nutzt Pausen, um Highlights aus einem U17-Pokalspiel oder einer U15-Mannschaftsfahrt zu zeigen.

Spized: Gerade das junge Publikum braucht wahrscheinlich abwechslungsreichen Content, richtig?

Thomas: Ja, absolut. Ergebnisse und Spieltagsbegleitung dient als Gerüst, um dem Ganzen einen Rahmen zu geben. Hier kann man sich entlang hangeln. Aber das wird jungen Menschen nicht vermitteln, dass das ein cooler Verein ist. Sowas kommt dann über Mannschaftsfahrten, Turnieren oder anderen Highlights der Saison. Die Zielgruppe muss sehen, dass das Team coole Sachen macht, bei denen man dabei sein will. Die Kunst ist, das authentisch rüberzubringen.


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„Man sollte herausfinden, worauf die Mannschaften Lust haben und was sie gut finden.“

Spized: Wie kann der Verein genügend Personen finden, die sich für verschiedene Teams um die Content-Produktion kümmern?

Thomas: Am besten gibt es Personen in den Mannschaften, die da Bock draufhaben und sich darum kümmern. Das kann ein Trainer, Betreuer oder die Spieler sein. Das ist besonders wichtig, wenn ich Content aus dem ganzen Verein streuen will. Man sollte in die Teams vorher rein gehen und Ansprechpartner bestimmen. Wenn man die Aufgaben nicht klar verteilt, macht es am Ende keiner. So können klassische „Behind-the-Scenes-Inhalte“ entstehen, wo jemand einfach mal die Kamera draufgehalten hat. Das kommt meistens cool rüber. Je lockerer und authentischer die Inhalte sind, desto besser kommt es an.

Spized: Bedeutet, dass der Verein den Personen freie Hand für den Content geben sollte?

Thomas: Wer wenig Bock auf das Thema hat, wird die Inhalte schlussendlich sehr unnatürlich darstellen. Die Spieler oder Trainer müssen es cool finden, was das Ganze auch von den Charakteren abhängig macht. Man sollte herausfinden, worauf die Mannschaften Lust haben und was sie gut finden. Wenn sie es selbst gut finden, setzen sie es in der Regel auch besser um.


Das Equipment: Was ein Verein für erfolgreiches Social Media braucht

Spized: Wer regelmäßig Beiträge für soziale Netzwerke produziert, braucht auch ein Equipment. Was ist hier für Vereine zu empfehlen?

Thomas: Das Gute ist, dass du mit einer Smartphone-Kamera mittlerweile fast alles produzieren kannst, was du für Social Media brauchst. Die meisten Vereine haben wohl ein geringes Budget. Ein Set Mikrofone macht aber Sinn, um Interviews machen zu können. Das kostet 100 bis 200 Euro. Dann braucht es eventuell Software für den Schnitt, aber hier lässt sich mit geringem Budget schon sehr viel umsetzen.

Spized: Welche Software ist an dieser Stelle hilfreich?

Thomas: Wenn man viel Video-Content macht, braucht es irgendwann ein Schnittprogramm. Es gibt Anbieter, wo sich bereits mit den kostenlosen Versionen sehr viel machen lässt. Natürlich gibt es auch kostenpflichtige Programme, die aber im monatlichen Abo auch nicht allzu teuer sind. Wenn mal Grafiken eingebaut oder Fotos gepostet werden sollen, ist Canva wahrscheinlich die momentan beste Lösung. Da die Leute, die damit arbeiten viel Daten hin und her schicken, macht eine Dropbox oder eine Google Drive Sinn. Das sollte den Datentransfer erleichtern. Eine gute Grundausstattung ist auch im Low-Budget-Bereich zu realisieren.

Spized: Wie siehst du Social Media für Sportvereine, wenn die Inhalte gar nicht mannschaftsbezogen, sondern mehr als Vereinsnewsletter gestaltet sind? Ehrungen, Infos zur Jahreshauptversammlung, Jubiläen usw. Ist das eine sinnvolle Idee?

Thomas: Grundsätzlich ist nichts falsch. Es sorgt dafür, dass Leute mitbekommen, was im Verein passiert und wie vielschichtig eine solche Organisation ist. Es ist davon abhängig, wie die Ziele des Vereins aussehen. Wenn es um Mitgliedergewinnung geht, kann die Zielgruppe mit solchen Beiträgen wahrscheinlich nicht viel anfangen. Die wird die Videos aus dem Trainingslager interessanter finden. Wenn es aber um Sponsoren-Gewinnung oder Community-Förderung geht, kommen solche Posts bestimmt gut an. Ein gesunder Mix ist wichtig. Oft macht man sich viel zu viele Sorgen, ob der Inhalt nun bedeutend ist oder nicht. Im Zweifel, einfach machen und schauen, wie es ankommt.


Regelmäßiges Evaluieren und das Feedback der Mitglieder einholen

Spized: Ob ein Beitrag gut ankommt, lässt sich ja auch über Likes und Reichweiten überprüfen.

Thomas: Die Frage ist, ob es zum Ziel gehört mehr Reichweite zu generieren. Wenn ich 5 Likes und 200 Reichweite schaffe, dabei aber genau die richtigen Leute erreicht habe, ist das für einen Verein vielleicht wertiger als höhere Zahlen, die aber nicht bei der Zielgruppe landen.

Spized: Wie kann ein Verein den Erfolg der Social-Media-Aktivitäten bewerten?

Thomas: Es ist wichtig regelmäßig zu evaluieren und immer zu überprüfen, ob der Verein gerade auf dem richtigen Weg ist. Wie sieht das Feedback aus und wohin richten wir uns gerade aus? Auch aus dem Verein heraus bekommt man viel mit. Mitglieder sprechen jemanden darauf an, wenn etwas Cooles gepostet wurde. Wenn man aus dem Verein nichts hört, ist das kein gutes Zeichen. Das wäre kein Grund gleich mit allen Aktivitäten aufzuhören, sondern eine Gelegenheit sich etwas Input zu holen und ein paar Kleinigkeiten anzupassen.


Die Rechtliche Situation: Was Sportvereine beim Veröffentlichen von Bildern und Videos beachten müssen

Spized: Wie ist die rechtliche Situation beim Veröffentlichen von Videos und Fotos via Social Media? Was müssen Vereine an dieser Stelle beachten?

Thomas: Das ist gar nicht so einfach, weshalb ich immer empfehle sich rechtlich durch Expertise abzusichern. Bei Senioren ist es mit Sicherheit einfacher. Man kann das Thema in den Anmeldeformularen hinterlegen, sodass sich Beitretende damit bei der Anmeldung einverstanden geben. Bei Erwachsenen wird das in der Regel von allen mitgetragen.

Spized: Und bei Minderjährigen?

Thomas: Das wird man in den Mannschaften mit den Eltern absprechen und sich dann entsprechende Einverständniserklärungen abholen müssen. Wenn Eltern dagegen sind, ist es schwierig das durchzuziehen. Es ist nicht leicht, wenn du jedes Mal auf der Hut sein musst, falls ein einzelnes Kind irgendwo durch das Bild rennt. Und Personen unkenntlich zu machen, lässt den Arbeitsaufwand ansteigen. Ich hatte solche Fälle noch nicht, bisher wurde sowas immer von allen mitgetragen. Wichtig ist, dass man im Vorfeld auf die Eltern zugeht und erklärt, worum es bei der Sache geht.

Spized: Abschließend: Ist Social Media für Vereine ein Muss?

Thomas: Wenn einem Verein nicht gerade die Türen eingerannt werden, ist das ein Muss. So sehe ich das. Alles wird digitaler und spielt sich im Internet ab. Der ganze Sport kämpft um Mitglieder und dementsprechend führt kein Weg mehr an Social-Media-Arbeit vorbei, um neue Mitglieder in den Verein zu holen oder diese im Verein zu halten.

Spized: Vielen Dank für deine Zeit und den wertvollen Input.

Thomas: Habe ich sehr gerne gemacht, ich hoffe ich konnte damit weiterhelfen.


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