Checkliste Anzeichen für eine Insolvenz bei Vereinen.
Die Zahlungsverpflichtungen sind nicht mehr auf erste Anforderung zum Fälligkeitsdatum zu erfüllen.
· Der Verein bedient sich an Rücklagen, um Personalkosten oder Rechnungen zu bezahlen.
· Der Verein erhält Mahnbescheide oder Inkasso-Unternehmen schalten sich ein.
· Geplante Geldzuflüsse fallen ersatzlos weg.
· Personal (Trainer oder Spieler) werden nicht mehr pünktlich bezahlt.
Praxisbeispiel: Hohe Personalkosten und der Wegfall von Sponsorengeldern
In der Praxis zeigt sich häufig, dass die Kombination aus überhöhten Personalkosten und der Wegfall von externen Zuwendungen (Sponsoren und Spenden) ausschlaggebend für ein finanzielles Ungleichgewicht ist. Amateurvereine wollen insbesondere mit ihrer 1. Mannschaft repräsentativ und erfolgreich sein. Das gelingt am besten, wenn das Team in entsprechenden Ligen vertreten ist und sportlich attraktiven bzw. leistungsorientierten Sport anbietet. Um das anbieten zu können, braucht es Aufstiege oder später den Verbleib in der anvisierten Liga. Und diesen Erfolg wollen manche Vereine möglichst schnell realisieren, was im Eiltempo nur über finanzielle Vorteile gegenüber dem Wettbewerb vonstattengehen kann.
Das heißt konkret: Der Verein beschäftigt für den Wettbewerb sportlich überqualifizierte Spieler, die durch überdurchschnittliche finanzielle Zuwendungen motiviert werden. Wirtschaftlich gestemmt wird das in der Regel durch Sponsoren, die die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen. Sobald Geldgeber aussteigen und / oder sportliche Ziele nicht zu erreichen sind (verpasster Aufstieg oder Abstieg), gerät das finanzielle Fundament sofort in Gefahr.
Die Folge: Die verpflichteten Spieler können nur noch vorübergehend – durch finanzielle Rücklagen bzw. Mitgliedsbeiträge – oder gar nicht mehr bezahlt werden. Wird kein neuer Geldgeber binnen kürzester Zeit zum Stopfen des finanziellen Lochs gefunden, ist der Verein zahlungsunfähig.
Was nach bekannten Gepflogenheiten mancher Profivereine klingt, ist im Amateurbereich nicht die Regel, aber immer wieder gelebte Praxis: Eine überbezahlte Mannschaft, deren finanzielles Gerüst von einzelnen Personenkreisen bzw. Gönnern abhängig ist.
Was kann ein Verein in solchen Fällen tun?
Wenn nicht sofort eine neue Geldquelle zu finden ist, bleibt nur die Entlassung der Spieler (sofern vertraglich möglich) und das damit verbundene Zurückziehen der Mannschaft aus dem Wettbewerb. Das hat einen Zwangsabstieg zur Folge und beinhaltet eine empfindliche Geldstrafe gegenüber dem Verband. Das ist zwar nicht optimal, gibt dem Verein aber die Möglichkeit, sich von den finanziellen Strapazen zu erholen. Sofern auch in anderen Geschäftsbereichen des Vereins (z. B. Juniorenabteilung) eine Misswirtschaft stattfand oder sich dort aufgrund der wirtschaftlichen Schieflage sich bereits finanziell bedient wurde, bleibt in der Regel nur ein Insolvenzverfahren. Auch das Insolvenzverfahren sichert das Fortbestehen des Vereins, allerdings mit zahlreichen Handlungsbeschränkungen.
Praxisbeispiel: Wegfall von Fördergeldern, steigende Kosten, gleichbleibende Mitgliedsbeiträge
Eine weitere Herausforderung, denen sich Vereine stellen müssen, sind steigende Kosten und der Wegfall bzw. die Kürzung verschiedener Fördergelder. Die Energiekosten sind enorm hoch und auch die Preise für sämtliche Materialien (Kleidung, Sportgeräte etc.) steigen. In Kombination klafft an dieser Stelle eine Lücke zwischen
a) Höheren Ausgaben zur Aufrechterhaltung des Betriebs
b) weniger Einnahmen durch den Wegfall oder die Kürzung öffentlicher Fördergelder.
Ein Verein hat in der Regel eine einzige Haupteinnahmequelle, von der die gesamte wirtschaftliche Lage abhängig ist: Die Mitgliedsbeiträge. Wenn der Verein einerseits weniger Fördergelder zur Verfügung hat und andererseits höhere Kosten decken muss, bleiben zwei Lösungsmöglichkeiten übrig:
1. Gewinnung von mehr Mitgliedern und somit mehr Beiträgen
2. Das Tabuthema „Beitragserhöhung“.
Ersteres ist für viele Vereine eher eine langfristige Lösung und nicht sofort umsetzbar. Zumal es für mehr Mitglieder auch mehr Ressourcen (Personal, Platzverfügbarkeit etc.) braucht und somit auch mit mehr Kosten und anderen Aufwänden verbunden ist. Die Beitragserhöhung ist hingegen im Rahmen einer Mitgliederversammlung durchsetzbar und eine Möglichkeit die Einnahmen des Vereins zu erhöhen. Trotz aller öffentlichen und wirtschaftlichen Umstände ist die Beitragserhöhung für viele Vereine nach wie vor ein Tabuthema. Das sollte es aber aufgrund der prekären Allgemeinlage aber nicht sein. Hierzu ein einfaches Rechenbeispiel für einen Verein mit 100 Mitgliedern:
1. Mitgliedsbeitrag 12 Euro im Monat = 1.200 Euro Einnahmen pro Monat und 14.400 Euro Einnahmen pro Jahr.
2. Erhöhung auf 15 Euro im Monat = 1.500 Euro Einnahmen pro Monat und 18.000 Euro Einnahmen pro Jahr.
Das bedeutet: Eine Beitragserhöhung von drei Euro pro Monat erhöht die jährlichen Einnahmen um 3.600 Euro. Damit ist mit Sicherheit nicht jedes finanzielle Problem des Vereins gelöst, aber es reicht, um die Lücke für etwaige Mehrkosten aus Energie und Materialbeschaffung zu schließen.
Insolvenzvermeidung bei Vereinen: Einnahmen diversifizieren
Beide Praxisbeispiele zeigen, dass die Hauptursache für eine finanzielle Schieflage auf Abhängigkeit einzelner Einnahmequellen zurückzuführen ist. Die Lösung: Ein diversifizierter Einnahmenmix. Vereine, die es schaffen verschiedene und voneinander unabhängige Einnahmequellen zu schaffen, sind deutlich weniger gefährdet einen wirtschaftlichen Kollaps zu erleiden. Wie lässt sich das in Bezug auf die Finanzierung repräsentativer Seniorenmannschaften realisieren? Vorab: Wer rasend schnell Erfolg sehen will, geht immer ein gewisses Restrisiko ein. Allerdings gibt es Möglichkeiten das Risiko zu minimieren:
· Geldgeber diversifizieren: Die benötigte Summe lieber auf mehrere Schultern verteilen, statt sich von einer einzelnen Person abhängig zu machen. Steigt einer aus, geht das Schiff nicht gleich unter.
· Unabhängigkeit: Schaut, dass die Geldgeber voneinander unabhängige Interessengruppen sind. Andernfalls ist die Gefahr hoch, dass ein Einzelner den Stein ins Rollen bringt.
· Interessenskonflikte: Der Vater des Kapitäns und die Eltern seines besten Kumpels aus dem Team sind als nachhaltige Sponsoren womöglich nicht die beste Idee. Ladet sie herzlich dazu ein, im Mikro-Sponsoring (z. B. Trikots für die Mannschaft) zu [FL2] unterstützen.
· Branchenzugehörigkeit: Idealerweise beziehen die Geldgeber aus sicheren und unabhängigen Branchen ihre Einnahmen. Trendbranchen oder öffentliche Abhängigkeiten führen früher oder später zu einem Rückgang der Sponsoringaktivität.
· Zuwendung splitten: Lieber eine Zuwendungssumme auf drei bis fünf Jahre bzw. Saisons aufteilen als alles auf einen Schlag erhalten. So erhält der Verein die Möglichkeit, an einer zukunftssicheren Strategie zu arbeiten.
· Vertraglich absichern: Sofern möglich, verpflichten sich Sponsoren über einen mittelfristigen Zeitraum.
· Klare Spielregeln: Sportliche, wirtschaftliche und administrative Tätigkeiten sowie deren Einflussnahme sollten klar in den Händen der Vereinsverantwortlichen liegen.
· Personenkult: Starke Mäzene oder sogenannte Sonnenkönige bestimmen häufig allein den Kurs, womit nachhaltiges Wirtschaften oftmals nicht gelingt.
Vereinsinsolvenz: Wirksame präventive Maßnahmen
Um solchen Entwicklungen wirksam vorzubeugen, sollten Vereine auf ein strukturiertes Krisen- und Finanzmanagement setzen. Besonders wichtig ist es, ein Frühwarnsystem zu etablieren, das anhand regelmäßiger Auswertungen die Zahlungsfähigkeit im Blick behält. Ein solches internes Controlling hilft nicht nur bei der Erkennung von Risiken, sondern sichert auch die rechtliche Position des Vorstands. Dieser ist gesetzlich verpflichtet, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen. Bei Verzögerung drohen persönliche Haftungsrisiken.
Der Insolvenz im Verein vorbeugen
Neben strukturellen Maßnahmen gibt es konkrete Schritte, mit denen Vereine ihre finanzielle Stabilität absichern können:
Kassensturz und Transparenz: Eine ehrliche Bestandsaufnahme der Finanzen ist essenziell. Klare und aktuelle Zahlen über Rücklagen, Verpflichtungen und offene Forderungen schaffen Handlungssicherheit.
Einnahmen- und Ausgabenstruktur analysieren: Wer weiß, woher das Geld kommt und wohin es geht, kann gezielt steuern. Dabei sollten Einnahmen möglichst breit gestreut und nicht von einzelnen Quellen abhängig gemacht werden.
Frühzeitig externe Stellen einbinden: Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Fachanwälte oder auch die zuständigen Sportverbände können helfen, Risiken rechtzeitig zu erkennen und Lösungen zu entwickeln.
Fördermittel gezielt nutzen: Fördermittel fallen geringer aus als in der Vergangenheit. Trotzdem gibt es noch Möglichkeiten und viele Organisationen schöpfen bestehende Förderprogramme nicht aus – sei es für Digitalisierung, Jugendarbeit oder Infrastruktur. Ein strukturierter Fördermittelkalender kann hier viel bewirken.
Puffer einplanen und Rücklagen bilden: Rücklagen sind kein Luxus, sondern notwendig, um unvorhergesehene Kosten oder Einnahmeausfälle ausgleichen zu können. Idealerweise decken sie drei bis sechs Monate laufender Kosten.
Darüber hinaus empfiehlt sich eine regelmäßige Fortbildung des Vorstands, klare Aufgabenverteilung und eine offene Kommunikation mit Mitgliedern und Sponsoren. Gerade in finanziell angespannten Zeiten. Vertrauen ist während einer Krise eine der wichtigsten Ressourcen.
Was tun, wenn es zu spät ist? Maßnahmen für den Notfall
Wenn sich finanzielle Schwierigkeiten im Verein bereits konkret abzeichnen, ist schnelles und strukturiertes Handeln gefragt. Je früher die Verantwortlichen reagieren, desto größer ist die Chance, eine Insolvenz abzuwenden oder zumindest kontrolliert zu gestalten.
Ein erster Schritt besteht darin, bestehende Schulden zu priorisieren. Nicht alle Verbindlichkeiten sind gleichermaßen dringlich – besonders wichtig ist es, Zahlungsverpflichtungen gegenüber Sozialversicherungsträgern, dem Finanzamt oder Mitarbeitern rechtzeitig zu bedienen, weil an dieser Stelle auch straf- oder haftungsrechtliche Konsequenzen drohen. Parallel dazu sollten möglichst frühzeitig Gespräche mit Gläubigern geführt werden. In vielen Fällen lassen sich durch Zahlungsaufschübe, Ratenvereinbarungen oder reduzierte Forderungen tragbare Zwischenlösungen finden. Voraussetzung ist, dass der Verein Offenheit und Zahlungswillen signalisiert.
Darüber hinaus ist es essentiell, die insolvenzrechtlich relevanten Schwellenwerte zu kennen. Liegt eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vor, besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Insolvenzantragstellung. Dies muss in der Regel innerhalb von drei Wochen geschehen. Eine verzögerte Antragstellung kann für Vorstände mit einer persönlichen Haftung verbunden sein. Hier gilt: Lieber frühzeitig prüfen (lassen) als zu spät handeln.
Auch wenn die Krise bereits Realität ist: Ein strukturiertes und transparentes Vorgehen kann den Verein oft noch retten – oder zumindest geordnet durch ein mögliches Insolvenzverfahren führen. Wichtig ist, dass Verantwortungsträger in dieser Phase handlungsfähig bleiben und externe Hilfe nicht als Schwäche, sondern als Chance begreifen.
Fazit: Vereinsinsolvenz – Erkennen, Vermeiden, Handeln
Die finanzielle Lage von Vereinen ist oft fragil und abhängig von wenigen Einnahmequellen sowie stark schwankend und verbunden mit begrenzten Rücklagen. Umso wichtiger ist es, wirtschaftliche Risiken frühzeitig zu erkennen, aktiv gegenzusteuern und in der Krise strukturiert zu handeln. Wer Verantwortung im Verein übernimmt, braucht nicht nur sportliche Ziele, sondern auch finanzielle Weitsicht und den Mut zur Transparenz.
Typische Ursachen für Geldknappheit:
Wegfall öffentlicher Fördermittel oder Sponsorengelder
Abhängigkeit von einzelnen Geldgebern oder unsicheren Einnahmequellen
Überhöhte Personalkosten, besonders im leistungsorientierten Sport
Fehlkalkulationen bei Investitionen
Unklare Verantwortungsstrukturen im Vorstand
Keine oder zu geringe finanzielle Rücklagen
Verletzung von Zuwendungsauflagen oder steuerlichen Regeln
Prävention: So kann ein Verein der Insolvenz vorbeugen
Kassensturz und volle Transparenz über Einnahmen, Ausgaben, Rücklagen und offene Verpflichtungen
Analyse der Finanzstruktur und Reduktion von Abhängigkeiten
Frühzeitige Einbindung externer Fachleute (Steuerberater, Verbände, Anwälte)
Fördermittel gezielt nutzen, z. B. für Infrastruktur oder Jugendarbeit
Rücklagen bilden, um Schwankungen abzufedern
Verantwortlichkeiten klären, Fortbildungen anbieten, interne Prozesse professionalisieren
Tabus aufbrechen: Beitragserhöhungen offen ansprechen und umsetzen
Notfallmaßnahmen bei akuter Krise:
Schulden priorisieren, lebenswichtige Verbindlichkeiten zuerst begleichen
Gespräche mit Gläubigern führen, um Zahlungsziele oder Stundungen zu verhandeln
Rechtzeitig juristisch prüfen, ob eine Insolvenzantragspflicht besteht
Externe Unterstützung suchen, bevor die Handlungsfähigkeit verloren geht
Spielbetrieb ggf. vorübergehend anpassen, um existenzbedrohende Kosten zu senken
Mit klarem Blick auf die Finanzen, strukturiertem Handeln und offener Kommunikation lässt sich eine Insolvenz oft verhindern oder zumindest kontrolliert durchlaufen.