Martin: Und wie sieht euer Leitbild jetzt aus?
Tobias: Das Leitbild umfasst 3 Säulen.
Die 1. Säule lautet „Sport für alle“. Dieser sagt aus, dass wir allen Personen eine sportliche Heimat bieten. Das zielt insbesondere auf die Personengruppen im Alter von 30 bis 50 Jahren ab, denen wir bis dato nicht viel anbieten konnten.
Die 2. Säule heißt „Nachhaltig und sozial aktiv“. Wir legen Wert auf nachhaltiges und umweltbewusstes Zusammensein. Wir wollen aber auch über Präventionsschutzkonzepte das Thema physische und psychische Gewalt angehen. Es ist für uns wichtig, dass es dazu Ansprechpersonen im Verein gibt.
Die 3. Säule heißt „In Urdenbach“. Das bedeutet, dass wir sehr stolz auf unseren Düsseldorfer Stadtteil sind, der viel Herz hat und ein Sportangebot für alle anbietet.
„Wir haben mit dem erarbeiteten Leitbild neue Ehrenamtler dazugewonnen“
Martin: Habt ihr Kennzahlen zur Überprüfung der Maßnahmen gesammelt oder wollt ihr lieber auf euer Gefühl vertrauen?
Tobias: Vom Gefühl wollen wir nicht ausgehen. Wir stecken aber noch im Schritt davor fest. Liegt unter anderem daran, dass den beteiligten Personen im Vorfeld mitgeteilt wurde, nach der Leitbildentwicklung keine zeitlichen Verpflichtungen mehr zu haben. Wir konnten mit dem erarbeiteten Leitbild neue Ehrenamtler dazugewonnen, aber es gibt viele Bereiche, die noch besetzt werden müssen. Wir haben zur Quantifizierung klare Ziele gesetzt und gemerkt, dass wir in den kurzfristigen Zielen noch nicht so weit sind, wie wir gerne wären.
Pascal: Wie haben die nicht beteiligten Mitglieder reagiert?
Tobias: Extrem positiv. Wir haben bewusst gesagt, dass wir nicht alles auf links drehen wollen. Es gab sehr viel Gutes, worüber viel zu wenig berichtet wurde. Diese Inhalte haben wir auf den Punkt gebracht und mit einer neuen Homepage und höherer Präsenz in der lokalen Presse eine höhere Aufmerksamkeit erzielt.
TSV Urdenbach: „Verein mit Herz“
Pascal: Im Leitbild bezeichnet ihr euch als Verein mit Herz. Ist der Begriff durch das Leitbild geprägt worden oder wart ihr das schon vorher?
Tobias: Generell bezeichnet sich Urdenbach als Dorf mit Herz. Und dieser Begriff „Verein mit Herz“ schwirrte seit meinem FSJ in mir herum. Und wir waren der Meinung, wenn wir den Begriff verwenden, wollen wir auch dazugehörige Attribute nennen.
Martin: Wie begeistert man die Mitglieder für das neue Leitbild?
Tobias: Das ist eine sehr schwierige Angelegenheit. Da arbeiten wir in einzelnen Abteilungen auch heute noch dran. Im Vorstand war die Begeisterung gleich zu spüren. Wir haben also zuerst allen Abteilungsleitern das Leitbild vorgestellt. Natürlich wurde das Leitbild auch an alle Mitglieder versendet mit der Möglichkeit bei Bedarf nochmal aktiv mitzuarbeiten. Dann wurde das neue Leitbild über die Presse, die Social-Media-Kanäle und die Homepage veröffentlicht. Hier haben wir sehr viel positives Feedback bekommen. Jetzt müssen wir mehr in die Umsetzung gehen.
Martin: Es hat nicht ganz bei allen Abteilungen geklappt. Habt ihr die Leute falsch angesprochen oder haben die einfach eine negative Haltung dazu?
Tobias: Es gibt das Problem, dass wir in den Abteilungsleitungen Personen haben, die extrem starke Trainer sind und in den Trainingsgruppen gut ankommen. Diese Personen machen ihre Leitungsfunktion mehr oder weniger unfreiwillig, weil sie mit sportlichen und sozialen Aufgaben bereits ausgelastet sind. Und denen fehlt die Zeit tatsächliche Abteilungsleitungsaufgaben zu erledigen. Wir werden ein Danksagungs-Event für alle Ehrenamtlichen veranstalten, um abteilungsübergreifend öfter zusammenzukommen.
Pascal: Springen wir nochmal an den Anfang. Jetzt hast du durch das Leitbild Attribute geschaffen. Wird das Marketing und Sponsoren jetzt besser bei euch?
Tobias: Das Gute war, dass ich zu Beginn mit einer Struktur unterstützen konnte. Ein Teil davon beinhaltete, dass ich eine individuelle Sponsorenpräsentation hinbekommen wollte, in dem wir uns als Verein auf 3-4 Seiten vorstellen. Allein das hat schon geholfen eine individuelle Präsentation zu erhalten, die in der Ausführung in wenigen Minuten fertig ist.
Wie das Leitbild für einen Zugewinn an Sponsoren sorgte
Martin: Habt ihr mehr Sponsoren gewonnen?
Tobias: Der Sponsorenbereich konnte am besten entwickelt werden. Wir haben die Sponsoren in drei Stufen eingeteilt. Wir sprechen nun über Premium-Partner, darunter 1894-Partner – 1894 steht für unser Gründungsjahr – und Teampartner. Sponsoren, die bisher nur Trikots gespendet haben, sind außerdem eine Ebene höhergestellt. Bei den 1894-Partnern stehen wir gerade bei 8 Sponsoren und nächste Woche wird es hier sogar zweistellig.
Martin: Kommen die Sponsoren nur aus Urdenbach oder auch aus der überregionalen Region?
Tobias: Es gibt in Urdenbach nahezu keine Industrie. Wir gehen also einen Parallelweg mit dem Umfeld im Düsseldorfer Süden, die für den TSV aktiv sein wollen. In Urdenbach gibt es aber auch sehr viele Privatleute, die mit ihrem Unternehmen oder persönlich helfen wollen. Damit ist eine zweite Säule im Sponsoring entstanden. Zum Jahresauftakt beim Spiel der 1. Herrenmannschaft konnten wir Politik und Wirtschaftsleute aus der Region und zwei ehemalige Profis von Fortuna Düsseldorf zusammenbringen, die das Event spannend machten und somit einen Mehrwert für den gesamten Verein einbrachten.
Martin: Ihr habt also eine eigentliche Schwäche zu einer Stärke umgewandelt.
Tobias: Der große Vorteil war, dass wir drei Ebenen geschaffen haben. Letztlich landen ganz viele in der Sponsorenmitte, weil die meisten für einen Dorfverein keine Gelder in Premiumhöhe investieren wollen. Aber ein Verein wie wir, braucht im Premium-Bereich sowieso nur wenige Partner.