Trainerkompetenzen: Welche Skills braucht ein erfolgreicher Trainer im Fußball?

Du möchtest wissen, welche Skills ein erfolgreicher Fußball-Trainer braucht? Wir haben mit A-Lizenz-Inhaber Samuel Horozovic gesprochen. Der erst 26-jährige Seniorentrainer verrät uns viele Details über seinen Erfolgsweg.

Fußballtrainer-Kompetenzen: Worauf kommt es an?

Einst war das Trainer-Dasein im Fußball geprägt von den eigenen Erfahrungen als ehemaliger Spieler. Wer ein guter Kicker war, konnte sowohl im Kinder- als auch im Erwachsenenfußball eine Mannschaft dauerhaft zum Erfolg führen. Mittlerweile ist der Trainer-Job wesentlich facettenreicher und anspruchsvoller. Welche Skills benötigt ein moderner Fußballtrainer? Und was macht einen guten Trainer heutzutage aus? A-Lizenz-Inhaber und Seniorentrainer im leistungsorientierten Amateurbereich Samuel Horozovic gibt uns Einblicke in moderne Trainerarbeit und verrät, worauf es für Trainer ankommt.

Samuel Horozovic: Mit 26 Jahren Cheftrainer in der Regionalliga Südwest

Zur Rückrunde der Saison 2023/24 machten die Verantwortlichen des TSV Schott Mainz ihren bisherigen A-Jugend-Trainer Samuel Horozovic zum zwischenzeitlich jüngsten Trainer der ersten vier Spielklassen in Deutschland. „Und das war schon spektakulär“, berichtet Samuel, weil er mitten im A-Jugend-Training rausgezogen wurde, nachdem er tags zuvor beim ersten Youth-League-Spiel seines Bruders (A-Junioren Mainz 05) in Maribor (Slowenien) war. „Ich habe natürlich keinen Moment gezögert und sofort ja gesagt. Mit 26 Jahren die Möglichkeit zu bekommen in der Regionalliga zu trainieren ist schon etwas Besonderes“, erzählt der A-Lizenz-Inhaber. Der 26-Jährige durchlief als Spieler die gesamte Junioren-Abteilung von Schott Mainz, ehe er im Alter von 15 Jahren zum ersten Mal Trainer wurde. Alles begann mit einer talentierten F-Jugend-Mannschaft, die keinen Trainer hatte und in der auch Samuels kleiner Bruder kickte. Fortan nahm Samuels Trainerlaufbahn Fahrt auf: Er begleitete den Jahrgang seines Bruders einige Jahre, wurde Jugendkoordinator im Grundlagenbereich und parallel Co-Trainer in der U17. Später hospitierte der talentierte Coach bei den Schott-Senioren, entwickelte sich zum Jugendkoordinator im Aufbaubereich und avancierte zum Cheftrainer der U19. Eine außergewöhnliche vereinsinterne Weiterentwicklung, die nun in der repräsentativsten Mannschaft des Vereins mündete.

Junge Fußballtrainer im Seniorenfußball – heutzutage keine Seltenheit

Dass sehr junge Fußballtrainer im ambitionierten oder professionellen Leistungsfußball tätig sind, ist längst keine Seltenheit mehr. Schließlich machte die Spvgg. Ansbach kurze Zeit später den zwei Jahre jüngeren Niklas Reutelhuber zum Chefcoach, der damit Samuel Horozovic als jüngsten Regionalliga-Trainer ablöste. Mit Blick auf den Profifußball zeichnet sich seit einigen Jahren ab, dass nicht mehr nur die genialen Ex-Profis für das Traineramt gefragt sind. Spätestens mit Thomas Tuchel und Julian Nagelsmann betraten Trainer die Bühne, die als Spieler nicht als aktive Profis dabei waren und trotzdem als Übungsleiter sehr erfolgreich sind. Zwar gibt es alters- und spielklassenübergreifend den Stereotypen des erfahrenen Ex-Spielers als Trainer immer noch. Trotzdem ist spürbar, dass sich das Kompetenzprofil verändert hat. Woran liegt es, dass Vereine immer mehr auf junge, unerfahrene Trainer zurückgreifen? Samuel: „Das hat auch viel mit der Vereinsphilosophie zu tun – wenn der Verein auf die Jugend setzen möchte, gilt es neben den Spielern auch die Trainer zu fördern und weiterzuentwickeln.“ Das Fördern der Eigengewächse von Bambini bis Senioren ist für Schott Mainz ein elementarer Bestandteil der Vereinsarbeit: „Die Jungs müssen brennen und mit Stolz unser Logo tragen. Von denen brauchen wir so viele wie möglich“, sagt Samuel.

Organisation und Struktur in die Trainingsarbeit einbringen

Organisiertes und strukturiertes Training klingt im ersten Moment nach keiner schweren Aufgabe. Doch in der Praxis zeigt sich immer wieder, dass gute Organisation ein entscheidendes Credo für einen guten Trainer ist. „Je höher du spielst, desto größer wird der Stuff. In der U19 hatte ich 9 Personen um mich herum – in der 1. Mannschaft sind wir bei insgesamt 15 Personen“, berichtet Samuel. Das Ganze zu strukturieren, gut delegieren zu können und dabei niemanden zu vergessen sei ausschlaggebend, so Samuel. In den Profiligen übernehmen die Assistenztrainer häufig mehrere Trainingseinheiten in der Woche, weil der Cheftrainer in Gesprächen mit anderen Akteuren (z. B. Vorständen, Spielern, Physiotherapeuten, Ärzten oder Sponsoren) ist. In England werden Trainer nicht umsonst „Manager“ genannt.


Lange Zeit bestand ein Trainerteam im leistungsorientierten Amateurfußball aus einem Cheftrainer – der für mehr oder weniger sämtliche sportlichen Aufgaben verantwortlich war – und einem Co-Trainer, der meistens betreuende Aufgaben übernahm. Ähnlich war es auch bei Samuel: „Als ich in der U19 Spieler war, hatten wir zwei Trainer im Team. Mit mehr Trainern kann man aber auch in kleineren Gruppen viel besser und intensiver trainieren“. Außerdem raube das Training viel Energie, führt Samuel fort. „Wenn du alles coachst und entscheidest, hast du irgendwann die Power nicht mehr“. Zumal Trainer allesamt inhaltliche Stärken und Schwächen mitbringen würden – ein einzelner Trainer könne also nicht alle benötigten Kompetenzen in eine Mannschaft einbringen. Deshalb sei es wichtig ein richtiges Trainerteam aufzustellen und in den Stuff zu investieren, sagt Samuel.

Kommunikation: „Man ist deutlich näher an den Spielern dran“.

In der Praxis stehen viele Trainer vor der Aufgabe, einen gesunden kommunikativen Austausch mit den Spielern aufzubauen. Viele Trainer lassen die Spieler an der kurzen Leine und geben sich distanzierter, um stets einen respektvollen Umgang miteinander zu gewährleisten. Samuel wählt eine andere Herangehensweise: „Man ist deutlich näher an den Spielern dran als früher“. „Diese Distanz zwischen Trainer und Mannschaft ist etwas aus vergangenen Tagen“. Darüber hinaus sind die Spieler in Samuels Team auch sportlich mit einbezogen. Zwar entscheiden am Ende immer die Trainer, aber es gibt auch in sportlicher Hinsicht einen freien Gestaltungsraum, der in der Vergangenheit wohl eher unüblich gewesen wäre. Samuel beschreibt aus seiner Spielerkarriere gegenteilige Erlebnisse, die sich angefühlt haben „als hätten die Trainer einen Joystick in der Hand“, um die Spielrichtung vorzugeben. Der Mainzer Coach lässt die Spieler im Training freier entscheiden, damit mehr Spielfluss gegeben ist. Insgesamt hat sich die Häufigkeit und die Intensität der Spielergespräche erhöht – der 26-Jährige spricht hier aber weniger von langandauernden Gesprächsterminen, sondern vielmehr von regelmäßigem Small Talk. „Mit kurzen Gesprächen nach dem Training oder während den Unterbrechungen kann man schon viel erreichen. Wichtig ist, nicht alles immer ernst zu nehmen und auch mal mit Humor an die Sache ranzugehen.“

Ansprachen und Coaching: „Die Stimme eines Trainers kannst du irgendwann nicht mehr hören“

Ob im Training, vor dem Spiel oder in der Spielanalyse: Jeder Trainer kennt das Gefühl, viele Worte und Erklärungen loswerden zu müssen. Oftmals werden solche Ansprachen oder Coachingpunkte im Training dann zu langanhaltenden Reden, die die Spieler letzten Endes langweilen. „20-30 Minuten in der Kabine stehen oder eine Videoanalyse von 40 Minuten sind einfach viel zu lang“, sagt Samuel. Daher sei es wichtig stets etwas Neues zu initiieren, um die Aufmerksamkeitsspanne hochzuhalten. Hier würden Bilder und Videos helfen, aber auch etwas Humorvolles im richtigen Moment könne nicht schaden. Hintergrund ist, dass der Ablauf am Spieltag grundsätzlich immer identisch ist: Man trifft sich, zieht sich um, spielt das Spiel und fährt wieder nach Hause. Hier gilt es für den Trainer jede Woche neue Reize zu setzen und zu erläutern, warum dieses Spiel ein ganz Besonderes ist. „Meine Ansprachen dauern nie länger als 10 Minuten. Die Jungs brauchen kurz und knapp ein paar Dinge, die mir wichtig sind und dann wird die Aufstellung verkündet.“ Alles weitere vermittelt Samuel dann in kurzen Einzelgesprächen. Eine ähnliche Herangehensweise wählt der erfolgreiche Coach auch während der Trainingseinheiten: „Ich bin jemand, der während den Übungen wenig anhält und viel synchron laufen lässt.“

Während des Trainings wird viel einzeln gecoacht

Auch während den Trainingseinheiten verzichtet Samuel auf lange Mannschaftsansprachen: „Wenn Pausen zwischen den Spielformen da sind, labere ich nicht zwei Minuten ununterbrochen. Ich finde es wichtig, dass die Spieler mal eine mentale Pause haben, um durchzuatmen.“ Stattdessen coacht er lieber einzeln und geht auf die Spieler zu. Selbstverständlich übernehmen auch die Assistenztrainer das Coaching mit einzelnen Spielern oder bestimmten Mannschaftsteilen. Ein solch selektiertes Korrigieren sei viel effektiver und zielführender. Außerdem fokussiert sich der 26-jährige Mainzer stets auf positive Coachingpunkte. Ein natürlicher psychologischer Effekt spielt dabei eine zentrale Rolle: „Wenn ein Trainer lobt, werden diese Inhalte eben öfter ausgeführt. Wenn du aber nur negativ kritisierst, hast du diesen Effekt nicht.“ Selbstverständlich kommt eine ambitionierte Mannschaft nicht gänzlich ohne negative Kritik aus. Es geht an dieser Stelle mehr um ein Grundprinzip im Coaching, das die tägliche Arbeit mit der Mannschaft prägt. Genauso hält es der Mainzer Trainer auch bei seinen Videoanalysen: Er zeigt zum Großteil positive Szenen, die die Spieler weiter umsetzen sollen. „Das prägt sich viel besser ein als Kritik“, sagt Samuel. Und wenn ein Trainer nicht um negative Kritik herumkommt, sollte dies mit positiven Inhalten verstärkt werden. So sind Spieler sich auch stets ihren Stärken bewusst und rufen diese im Wettkampf gezielter und häufiger ab.

Selbstreflektion: „Sich selbst zu kritisieren ist wichtig“

Trainer sind es gewohnt eine Vielzahl an Spielern mehrmals wöchentlich zu beobachten und zu bewerten. Anhand der Beobachtungen treffen Trainer Entscheidungen über Startelf, Grundformation und die taktische Herangehensweise. Wenn im Training oder Spiel Dinge schlecht laufen, suchen viele Trainer die Schuld ausschließlich bei den Spielern. Das eigene Coaching, die gewählten Übungen im Training, die Ansprache bzw. das Erklären und Vermitteln der Inhalte wird oftmals nicht hinterfragt. Samuel ist ein sehr selbstreflektierter Mensch, der nach jedem Training versucht sich selbst zu verbessern: „Als Trainer sollte man nicht das Training einfach durchführen und abhaken. Es reicht, wenn man sich überlegt, welche Übungen gut waren und welche nicht. Sich selbst zu kritisieren und darüber nachdenken, was man besser machen kann, ist wichtig.“


Samuel geht sogar noch einen Schritt weiter, indem er seine Ansprachen aufzeichnete und einen Rhetorik-Experten zu Rate zog. So entwickele man ein besseres Gefühl für Verbesserungen. Auch in den Feedbackgesprächen im Winter versucht sich „Samu“ eine Rückmeldung der Spieler einzuholen: „Was hättest du gemacht, wenn du Trainer gewesen wärst?“, ist dann einer der Kernfragen. Wichtig sei hierbei, dass der Spieler anfängt aus Trainersicht zu denken und nicht glaubt, den Trainer anzugreifen. Dies sei eine hervorragende Methode, um die eigene Trainer-Persönlichkeit reifen zu lassen und sich weiterzuentwickeln.

Fachliches Knowhow: Spielprinzipien etablieren und über Hospitationen dazu lernen

Reflektieren, kommunizieren, organisieren und coachen sind Softskills, die für Trainer offenkundig eine immer bedeutendere Rolle einnehmen. Selbstverständlich kommen Trainer nicht um fachliche Expertise herum. Es ist für Spieler und Mannschaft ebenfalls entscheidend eine abgestimmte sportliche Herangehensweise implementiert zu bekommen. Diese ist schlussendlich auch ausschlaggebend für Erfolg und Misserfolg. So sieht es auch Samuel: „Im Verein sprechen wir immer über offensive und defensive Spielprinzipien. Ich will also immer von hinten heraus zocken. Das Wort zocken ist für mich ein Indikator für „Spielen und gehen“ und Mut zum Dribbling im 1 vs. 1, einfach Risikobereitschaft.“ Trotzdem sei es wichtig den Spielern freien Gestaltungsraum zu geben und nicht jeden einzelnen Spielzug vorzugeben. Ferner erklärt der Coach von Schott Mainz, dass die Spielprinzipien vereinsübergreifend existieren und unabhängig vom gewählten Spielsystem seien.


Doch wie eignen sich Trainer fachliches Knowhow an? Und wie sorgt man in einer dynamischen Sportwelt dafür, stets auf dem neuesten Stand zu sein? Eine Möglichkeit zur Weiterbildung sind die verschiedenen Lizenzen und Fortbildungen des DFB bzw. der Regionalverbände. „Die Lizenzen sind gut für die Basics bzw. das Grundgerüst in der jeweiligen Alters- und Spielklasse.“ Darüber hinaus war für Samuel das Zusammenkommen mit anderen Trainern und Vereinen eine sehr wichtige Erfahrung: „Für mich war während der Lizenzlehrgänge der Austausch zwischen den Trainern sehr wertvoll. Man konnte kennenlernen, wie andere Vereine ticken und was die so machen.“

„Hospitationen machen dich zu einem richtig guten Trainer“

Wer hospitiert, bekommt einen tiefen Einblick in die Arbeit und Abläufe anderer Vereine. Trainer können so die sportliche und außersportliche Herangehensweise als Außenstehende begutachten, sich mit dem Trainerteam austauschen und wertvolle Inhalte für ihre eigene Mannschaft mitnehmen. „Ich habe im Januar beim FC Bayern München in den A- und B-Junioren hospitiert und später auch bei Mainz 05 reingeschnuppert.“, berichtet Samuel. Trainer können wertvolle Inhalte mitnehmen und diese in ihre eigenen Mannschaften transportieren. Aber auch der aufnehmende Verein kann vom Hospitierenden wertvolles Feedback erhalten: „Wir hatten einen Trainer aus Bayreuth da und mich interessierte, wie der Blick des Externen war und wie er Ansprache und Training empfand“, sagt Samu. Die Lizenzlehrgänge vermitteln ein gutes Grundgerüst, machen den Trainer aber nicht dauerhaft erfolgreich. „Zu einem guten Trainer machen dich letztlich Hospitationen, was ich jedem empfehlen kann“, sagt der Jungcoach.

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